2 Jah­re neu­es Asyl­ver­fah­ren: Der Hand­lungs­be­darf ist gross

Heu­te ist eine Eva­lua­ti­on des neu­en Asyl­ver­fah­rens erschie­nen. Das «Bünd­nis unab­hän­gi­ger Rechts­ar­beit im Asyl­be­reich» nimmt Stellung. 

Mit der Neu­struk­tu­rie­rung vom März 2019 wur­de der Asyl­be­reich wesent­lich ver­än­dert. Das Haupt­ziel der Neue­run­gen war die Beschleu­ni­gung der Ver­fah­ren, wel­che durch die zen­tra­li­sier­te Unter­brin­gung der asyl­su­chen­den Per­so­nen und der Ver­kür­zung sämt­li­cher Fris­ten erreicht wer­den soll­te. Im Sin­ne der Rechts­staat­lich­keit wur­den zudem staat­lich finan­zier­te Rechtsvertreter:innen ein­ge­führt, wel­che Asyl­su­chen­de ver­tre­ten. Nach über zwei Jah­ren des neu­en Ver­fah­rens hat das Staats­se­kre­ta­ri­at für Migra­ti­on (SEM) heu­te Erkennt­nis­se aus einer exter­nen Eva­lua­ti­on publi­ziert (Medi­en­mit­tei­lung des SEM vom 23.08.2021).

Das «Bünd­nis unab­hän­gi­ger Rechts­ar­beit im Asyl­be­reich» hat bereits im Okto­ber 2020 sei­ne wich­tigs­ten Erkennt­nis­se zum neu­en Asyl­ver­fah­ren ver­öf­fent­licht und For­de­run­gen for­mu­liert (sie­he Bei­trag vom 08.10.2020 der SBAA sowie die Bilanz des Bünd­nis­ses). Das Bünd­nis ist ein Zusam­men­schluss ver­schie­de­ner Bera­tungs­stel­len, Orga­ni­sa­tio­nen, Anwält:innen und enga­gier­ter Ein­zel­per­so­nen, die Rechts­ar­beit im Asyl­be­reich leis­ten. Alle im Bündnis Ver­tre­te­nen agie­ren im beschleu­nig­ten sowie im erwei­ter­ten Ver­fah­ren aus­ser­halb des staat­li­chen Rechts­schut­zes. Die SBAA ist Mit­glied des Bündnisses.

Der nun ver­öf­fent­lich­te Eva­lua­ti­ons­be­richt des Schwei­ze­ri­schen Kom­pe­tenz­zen­trums für Men­schen­rech­te (SKMR) zeigt, dass sich vie­le der Erkennt­nis­se und Befürch­tun­gen des «Bünd­nis unab­hän­gi­ger Rechts­ar­beit im Asyl­be­reich» bestä­tigt haben. Das Bünd­nis hält Kri­tik und For­de­run­gen in einer Medi­en­mit­tei­lung fest. Im «Echo der Zeit» vom 23.08.2021 äus­ser­te sich Noé­mi Weber, Geschäfts­lei­te­rin der SBAA, kri­tisch zum Ver­fah­ren. Auch die Schwei­ze­ri­sche Flücht­lings­hil­fe (SFH) sieht wei­ter­hin Hand­lungs­be­darf (SFH, 23.08.2021).

Die wich­tigs­ten Forderungen

Die Eva­lua­ti­on des SKMR ist unvoll­stän­dig. Das Bünd­nis for­dert, dass bei einer nächs­ten Eva­lua­ti­on alle Ver­fah­rens­ar­ten mit­ein­be­zo­gen wer­den, nament­lich auch das erwei­ter­te Ver­fah­ren und das Dub­lin-Ver­fah­ren. Zudem sol­len die Situa­ti­on von beson­ders vul­ner­ablen Per­so­nen unter­sucht und die Asyl­su­chen­den selbst in den Eva­lua­ti­ons­be­richt ein­be­zo­gen werden.

Hohes Tem­po führt zu Fehl­ent­schei­den. Im beschleu­nig­ten Ver­fah­ren sol­len des­halb nur Fäl­le von Per­so­nen behan­delt wer­den, die offen­sicht­lich einen posi­ti­ven Asy­l­ent­scheid oder zumin­dest eine vor­läu­fi­ge Auf­nah­me erhal­ten. Es sol­len zudem aus­führ­li­che, auf Ver­ste­hen aus­ge­rich­te­te, Anhö­run­gen aller asyl­su­chen­den Per­so­nen statt­fin­den. Bei medi­zi­ni­schen Abklä­run­gen und Behand­lun­gen darf es kei­ne Ein­schrän­kun­gen geben und ein Moni­to­ring der Sach­ver­halts­er­he­bung und der Ent­scheid­qua­li­tät soll ein­ge­lei­tet werden.

Kei­ne Hand­wech­sel und län­ge­re Beschwer­de­fris­ten. Für die Sicher­stel­lung eines qua­li­ta­ti­ven Recht­schut­zes braucht es ein Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen asyl­su­chen­der Per­son und Rechtsvertreter:in. Um die­ses sicher­stel­len zu kön­nen, sol­len jeg­li­che Hand­wech­sel wäh­rend dem Asyl­ver­fah­ren ver­mie­den wer­den. Fris­ten sol­len so ange­passt wer­den, dass dies in kei­nem Fall nötig ist. Das Bünd­nis for­dert die Ver­län­ge­rung der Beschwer­de­fris­ten in allen Ver­fah­rens­ar­ten auf die übli­chen 30 Tage und die Ver­län­ge­rung der Frist der Stel­lung­nah­me zum Ent­scheid­ent­wurf auf 10 Tage.

Die Situa­ti­on in Zen­tren ohne Ver­fah­rens­funk­ti­on ist beson­ders pre­kär. Das Bünd­nis for­dert daher die Ver­le­gung der Zen­tren ohne Ver­fah­rens­funk­ti­on an weni­ger abge­le­ge­ne Stand­or­te sowie eine höhe­re Prä­senz der Rechts­ver­tre­tung und Rechts­be­ra­tung und die Orga­ni­sa­ti­on von Shut­tle-Bus­sen zu den Zen­tren mit Ver­fah­rens­funk­ti­on und in die nahe­lie­gen­den Städte.

Medi­en­mit­tei­lung des Bünd­nis­ses mit wei­te­ren Aus­füh­run­gen: Medi­en­mit­tei­lung – Eva­lua­ti­on des neu­en Asyl­ver­fah­rens, 23.08.2021

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