Hintergrund
Anfang 2020 erhielt Amnesty International Hinweise auf Misshandlungen von Asylsuchenden in Schweizer Bundesasylzentren. Der Bericht vom Mai 2021 stellte schwerwiegende strukturelle Probleme im Sicherheitsmanagement fest, insbesondere das Fehlen wirksamer Überwachungs- und Schutzmechanismen durch das SEM. Amnesty zeigte sich besorgt über den Einsatz von Sicherheitsräumen als Bestrafungsmethode und über gefälschte Ereignisberichte. Am 5. Mai 2021 beauftragte das SEM Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer mit einer Untersuchung, deren Ergebnisse viele der von Amnesty geäusserten Bedenken bestätigten und Verbesserungsbedarf aufzeigten.
Andauernde Missstände
In den letzten drei Jahren hat Amnesty International neue Hinweise auf rechtswidrige Gewalt gegen Asylsuchende durch das Sicherheitspersonal in den Bundesasylzentren (BAZ) erhalten. Besonders besorgniserregend sind die mutmasslichen Zwangsmassnahmen gegen fünf unbegleitete Jugendliche im BAZ Les Rochat VD zwischen März und Mai 2023. Während dieser Zeit mangelte es an Ressourcen und es gab keine Sozialpädagog*innen zur Betreuung der Jugendlichen. Gleichzeitig muss Amnesty International feststellen, dass trotz der Bemühungen des SEM nur vereinzelte Massnahmen aufgrund der Untersuchungen des ehemaligen Bundesrichters Niklaus Oberholzer umgesetzt wurden.
Forderungen
In ihrem jüngsten Bericht formuliert Amnesty International konkrete Forderungen an die Schweizer Behörden, um die Situation zu verbessern:
- Umfassende Untersuchungen: Unverzügliche und gründliche Untersuchungen von Vorwürfen zu unzulässigen Zwangsmaßnahmen.
- Zugang zu Rechtsbehelfen: Gewährleistung eines effektiven Zugangs für Opfer, einschließlich angemessener Wiedergutmachung und fairer Gerichtsverfahren.
- Verbesserung des Sicherheitsmanagements: Sofortige Behebung der Mängel im Sicherheitsmanagement und stärkere Prävention von Gewalt.
- Ausbildung des Sicherheitspersonals: Erweiterung und Verbesserung der Schulungen mit Fokus auf Deeskalation und die Rechte von Kindern.
- Bekämpfung rassistischer Einstellungen: Maßnahmen zur Bekämpfung von Vorurteilen innerhalb des Sicherheitspersonals.
- Schulung im Bereich Gewaltprävention: Training für Konfliktprävention im Kontext von Kinderrechten.
- Zugang zu Beschwerdemechanismen: Gewährleistung von transparenten Beschwerdemechanismen für Asylsuchende.
- Information und Aufklärung: Verbesserung der Informationen über interne Beschwerdemechanismen.
- Verbot von Sicherheitsräumen: Festhaltung von Jugendlichen unter 18 Jahren in Sicherheitsräumen verbieten.
- Recht auf Gesundheit: Sicherstellung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung für unbegleitete Kinder.
Die SBAA unterstützt diese Forderungen nachdrücklich und appelliert an die Schweizer Behörden, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um die Menschenrechte aller Asylsuchenden, insbesondere unbegleiteter Jugendlicher, zu schützen.