Die parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» wurde vom Parlament angenommen – ein wichtiger Schritt, um den Schutz von armutsbetroffenen Personen ohne Schweizer Pass zu verbessern. Doch der nun vorliegende Umsetzungsvorschlag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK‑N) weicht in entscheidenden Punkten vom ursprünglichen Initiativtext ab. Die SBAA hat deshalb eine Vernehmlassungsantwort eingereicht.
Worum geht es?
Seit der AIG-Reform von 2019 können Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen entzogen oder herabgestuft werden, wenn eine Person oder ihre Familie auf Sozialhilfe angewiesen ist – selbst wenn dies unverschuldet geschieht. Die Reform sollte ursprünglich Missbrauch verhindern, doch in der Praxis führt sie zu massiver Rechtsunsicherheit: Aus Angst vor ausländerrechtlichen Massnahmen verzichten viele Betroffene auf dringend benötigte Sozialhilfe – was zu Überschuldung, Wohnungsverlust und gesundheitlichen Problemen führt.
Die parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» wollte diese Misstände korrigieren. Doch der Umsetzungsvorschlag der SPK‑N bleibt hinter dem ursprünglichen Anliegen zurück.
Unsere Hauptforderungen
- Mutwilligkeit statt eigenes Verschulden
Während «Mutwilligkeit» eine klare, rechtlich präzise Abgrenzung bietet und eine absichtliche oder fahrlässige Herbeiführung der Sozialhilfeabhängigkeit voraussetzt, bleibt «eigenes Verschulden» unbestimmt und eröffnet einen grossen Ermessens- und Interpretationsspielraum - Schutzfrist von zehn Jahren für langjährig anwesende Personen
Die Initiative sah vor, dass nach zehn Jahren ordnungsgemässem Aufenthalt ein Entzug oder eine Herabstufung der Bewilligung nur noch bei mutwillig herbeigeführter Bedürftigkeit möglich sein soll. Die SPK‑N hat auf eine Kodifizierung der Schutzfrist verzichtet. - Rechtssicherheit für Betroffene und eine einheitliche Praxis
Die aktuelle Umsetzung überlässt den Kantonen zu viele Interpretationsspielraum. Wir fordern klare, einheitliche Regeln, um Willkür zu vermeiden.
Warum das wichtig ist?
Unsere Arbeit als Beobachtungsstelle zeigt, dass die aktuelle Praxis nicht nur existenzielle Unsicherheiten schafft, sondern auch Integrationsbemühungen untergräbt. Fälle wie «Bhajan» und «Darian», die trotz jahrzehntelangem Aufenthalt von der Wegweisung bedroht waren, zeigen die dramatischen Folgen.
Die ganze Vernehmlassungsantwort gibts hier.
Weiterführende Links zur Allianz: Allianz «Armut ist kein Verbrechen»; «Armut ist kein Verbrechen» im Nationalrat; Ein Erfolg für die Allianz «Armut ist kein Verbrechen»!;
12. März 2025 (mh)