Jedes Jahr ziehen viele Jugendliche und junge Erwachsene in die Schweiz. Einige, weil sie hier Schutz suchen, andere aus familiären Gründen oder wegen der Arbeit. So vielfältig wie ihre Motivation für die Einreise, so verschieden sind auch ihre Bildungsbiografien.
In ihrem neuen Fachbericht stellt die SBAA fest, dass diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen hierzulande keinen gleichberechtigten Zugang zu Bildung haben. Sie stossen im gesamten Bildungssystem auf zahlreiche Hindernisse. Vor allem für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Personen ohne Bleiberecht ist der Zugang rechtlich und praktisch eingeschränkt – trotz Verbesserungen in den letzten Jahren. Dies zeigen von der SBAA dokumentierte Fälle für alle Stufen des Bildungssystems aus verschiedenen Landesteilen.
Unzureichende Bildung während des Asylverfahrens und mangelhafte Inklusion in der Grundschule
Während eines Asylverfahrens ist der Zugang zu Bildung – trotz Neuerungen wie Grundschulunterricht in Bundesasylzentren und frühzeitiger Sprachförderung für Personen mit Bleiberechtsperspektive – nach wie vor zu stark eingeschränkt. In den Kantonen werden fremdsprachige Kinder in der Grundschule oft zu lange separat in Aufnahmeklassen unterrichtet. Für Jugendliche ab 16 Jahren gibt es zwar eine Vielzahl von integrationsorientierten Bildungsangeboten. Die Vorbildung dieser jungen Menschen und ihre Kompetenzen werden aber kaum ermittelt und zu wenig anerkannt. Ihr verfassungsmässiges Recht auf einen ihrem Alter angemessenen Umfang des Unterrichts wird regelmässig verletzt.
Undurchlässigkeit des Bildungssystems und fehlende soziale Erfolgsfaktoren
Die Durchlässigkeit des Bildungssystems nach der obligatorischen Schule ist für Personen mit ausländischen Abschlüssen oder fehlenden Unterstützungsnetzwerken ungenügend. Jugendlichen und junge Erwachsenen ohne Bleiberecht fehlt es nach dem Abschluss rein schulischer Bildungsgänge an Perspektiven. Hinzu kommt, dass die Wohnsituation der jungen Menschen das Lernen oft erschwert und Unterstützungsmöglichkeiten durch nahe Bezugspersonen fehlen. Beides sind zentrale Erfolgsfaktoren für erfolgreiches Lernen.
Gleichberechtigter Zugang zu bestehenden Bildungsstrukturen
Die SBAA fordert, dass alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus in der Schweiz die Chance haben sollen, sich nach ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten zu bilden. Dies liegt im Interesse der Gesellschaft und der Wirtschaft, der es an Fachkräften mangelt. Die SBAA hat dazu Empfehlungen formuliert: Die Schulpflicht soll bis zum 18. Geburtstag ausgedehnt werden; es braucht einen schweizweit einheitlichen Lehrplan für Aufnahmeklassen; die Vorbildung und die Kompetenzen von erwachsenen Asylsuchenden sollen schon zu Beginn der Asylverfahren ermittelt werden und in einen individuellen Bildungsplan einfliessen; staatliche Bildungszulagen und Stipendien sollen für alle gleichberechtigt zugänglich sein; Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne Bleiberecht soll eine bildungsorientierte Perspektive geboten werden.
Kampagne «Bildung für alle – jetzt!»
Die SBAA wird, auch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft bei der Kampagne «Bildung für alle – jetzt!», alles daran setzen, dass ihre Empfehlungen umgesetzt werden. Die dazugehörige Petition sollte unbedingt von allen unterschrieben werden, welche das Anliegen eines chancengerechten Bildungszugangs teilen!
Alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen – im Interesse aller – gleichberechtigt an den bestehenden Bildungsstrukturen teilhaben können. Die SBAA wird in den kommenden Monaten mit den zuständigen Stellen Kontakt aufnehmen, um möglichst praxisnahe Lösungen zu erörtern.
Download des Fachberichts als PDF
Der Fachbericht kann auch als Broschüre bestellt werden. Kosten: CHF 5.- plus Porto. Senden Sie eine E‑Mail an info@beobachtungsstelle.ch.
Die Zusammenfassung des Fachberichts auf Italienisch finden Sie hier: Riassunto del rapporto «Accesso all’educazione indipendentemente dallo statuto giuridico» dell’Osservatorio svizzero sul diritto d’asilo e degli stranieri
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