Am 1. März 2019 startete das neue Asylverfahren gemäss revidiertem Asylgesetz. Dieses hatte unter anderem zur Folge, dass allen Asylsuchenden eine mandatierte Rechtsvertretung zur Seite gestellt wird. Diese kann bei Zweifeln an der Rechtmässigkeit eines Asylentscheids eine Beschwerde einreichen. Mehr Informationen zum neuen Asylverfahren finden sie in unserem Beitrag: Das Asylverfahren kurz erklärt.
Pikett Asyl hat nun während einem halben Jahr Personen in der Region Nordwestschweiz und Zürich zu ihren Erfahrungen mit der mandatierten Rechtsvertretung befragt und die Erkenntnisse in einem Fachbericht veröffentlicht.
Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, kein (39%) oder nur wenig (15%) Vertrauen in die beauftragte Rechtsvertretung zu haben. Als Grund wurde unter anderem die wahrgenommene Nähe zum SEM genannt. Zudem gaben 39% der Befragten an, bei jedem Termin einer anderen Person gegenüber gesessen zu haben, was mitursächlich für das mangelnde Vertrauen sein dürfte. Schliesslich gaben 62% der Befragten an, dass ihre Rechtsvertretung bei Fragen oder Problemen nicht erreichbar war.
Pikett Asyl hat auch die Gerichtsstatistiken aus dem Zeitraum von 2022 bis zum ersten Halbjahr 2024 ausgewertet und kam zum Schluss, dass es zweitweise zu vermehrten Fehleinschätzungen der Erfolgschancen einer Beschwerde durch die mandatierte Rechtsvertretung kam. Bis zu 61% der erfolgreichen Beschwerden wurden nicht von der zugewiesenen Rechtsvertretung, sondern von unabhängigen Rechtsvertretungen oder im Rahmen von Laienbeschwerden eingereicht. Das Mandat wurde also in vielen Fällen von der zugewiesenen Rechtsvertretung niedergelegt, obwohl eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Der Fachbericht weist auf eklatante Mängel des Rechtsschutzes von Asylsuchenden im neuen Asylverfahren hin. Angesichts dieser Befunde drängt sich eine umfassende Evaluation des Rechtsschutzes von Personen auf, die in der Schweiz Schutz suchen. Der Zugang zum Recht ist gerade für Asylsuchende von überragender Bedeutung, zumal ihnen im Falle eines fehlerhaften Asylentscheides im schlimmsten Fall Tod und Folter drohen können.
Die Medienmitteilung zum Fachbericht finden sie hier.
07. Februar 2025 (ls)