Früh­lings­ses­si­on: Resul­ta­te sind besorgniserregend

Die SBAA nimmt die Resul­ta­te von meh­re­ren asyl- und aus­län­der­recht­lich rele­van­ten Geschäf­ten, die in der Früh­lings­ses­si­on behan­delt wur­den, besorgt zur Kenntnis. 

Annah­me der Moti­on „Umset­zung einer fai­ren Asyl­po­li­tik in Bezug auf Eri­trea“ (18.3409)

Sowohl der Natio­nal- als auch der Stän­de­rat nah­men die Moti­on an. Dami­an Mül­ler for­der­te u.a. eine kon­se­quen­te­re Nut­zung des juris­ti­schen Hand­lungs­spiel­rau­mes, um so vie­le vor­läu­fi­ge Auf­nah­me­be­wil­li­gun­gen wie mög­lich auf­zu­he­ben, v.a. von Men­schen, die nicht inte­griert und von der Sozi­al­hil­fe abhän­gig sei­en. Aus­ser­dem for­der­te er eine Über­prü­fung der 3400 vor­läu­fig auf­ge­nom­me­nen Eri­treerIn­nen und die Erar­bei­tung eines Berich­tes zuhan­den des Par­la­men­tes bis spä­tes­tens Ende Febru­ar 2020.

Die ers­te For­de­rung ist als rechts­miss­bräuch­lich und dis­kri­mi­nie­rend ein­zu­stu­fen, denn das Anrecht auf eine vor­läu­fi­ge Auf­nah­me hat damit zu tun, ob eine Weg­wei­sung unzu­läs­sig oder unzu­mut­bar ist und hängt nicht vom Grad der Inte­gra­ti­on ab. Bezüg­lich der Erar­bei­tung eines Berichts for­dert die SBAA, dass dar­in auch eine Aus­ein­an­der­set­zung mit der besorg­nis­er­re­gen­den Men­schen­rechts­la­ge in Eri­trea erfol­gen sollte.

Wie Karin Kel­ler-Sut­ter in der Ses­si­on sag­te, nutzt das SEM sei­nen Hand­lungs­spiel­raum und die Schweiz ver­folgt im euro­päi­schen Ver­gleich gegen­über Eri­trea eine restrik­ti­ve Asyl­pra­xis. Da zwi­schen der Schweiz und Eri­trea kein Rück­über­nah­me­ab­kom­men besteht, kön­nen abge­wie­se­ne asyl­su­chen­de Per­so­nen nicht zurück­ge­schafft werden.

Bericht in der NZZ vom 4.3.2019: Kel­ler-Sut­ter dämpft Erwar­tun­gen bei Eritrea-Vorstoss

 

Annah­me der Moti­on „Aus­wei­sung von Ter­ro­ris­tin­nen und Ter­ro­ris­ten in ihre Her­kunfts­län­der, unab­hän­gig davon, ob sie als sicher gel­ten oder nicht“ (16.3982)

Obwohl der Bun­des­rat die Ableh­nung der Moti­on bean­trag­te, nah­men Natio­nal- und Stän­de­rat die Moti­on an. Der Motio­när Fabio Regaz­zi for­der­te, dass Dschi­ha­dis­tIn­nen, die für Taten im Zusam­men­hang mit dem IS ver­ur­teilt wur­den, in ihr Her­kunfts­land aus­ge­wie­sen wer­den, selbst wenn die Staa­ten als „unsi­che­re Län­der“ gelten.

Die aktu­el­le Rechts­la­ge sieht vor, dass Aus­län­de­rIn­nen, die wegen der Unter­stüt­zung einer ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on ver­ur­teilt wur­den, die Schweiz ver­las­sen müs­sen (Art. 66a Abs. 1 Bst. l StGB). Die­ser obli­ga­to­ri­schen Lan­des­ver­wei­sung ste­hen völ­ker­recht­li­che und ver­fas­sungs­recht­li­che Garan­tien ent­ge­gen, die Men­schen vor Fol­ter und unmensch­li­cher Behand­lung schüt­zen: Vor der Rück­füh­rung einer aus­län­di­schen Per­son in ihren Hei­mat- oder Her­kunfts­staat ist in jedem Fall zu prü­fen, ob das Rück­schie­bungs­ver­bot ein­ge­hal­ten ist (Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 EMRK). Die Moti­on for­dert, dass dies bei Dschi­ha­dis­tIn­nen nicht mehr geprüft wer­den soll.

Die Umset­zung der Moti­on ver­stösst somit gegen Prin­zi­pi­en des zwin­gen­den Völ­ker­rechts und gegen die Bun­des­ver­fas­sung. Die Schweiz wür­de mit Umset­zung der Pra­xis einen völ­ker­recht­li­chen Ver­trag bre­chen und ein Prin­zip miss­ach­ten, das unab­hän­gig von Ver­trä­gen zu einem unge­schrie­be­nen Prin­zip eines Rechts­staats gehört.

 

Annah­me der Moti­on „Kon­se­quen­ter Voll­zug von Lan­des­ver­wei­sun­gen“ (18.3408)

Natio­nal- und Stän­de­rat folg­ten der Emp­feh­lung des Bun­des­rats und nah­men die Moti­on an. Der Motio­när Phil­ipp Mül­ler for­der­te, die Bestim­mun­gen über die straf­recht­li­che Lan­des­ver­wei­sung anzu­pas­sen. Für einen kon­se­quen­te­ren Voll­zug der Lan­des­ver­wei­sun­gen sol­le ver­fah­rens­recht­lich eine Unter­schei­dung zwi­schen Per­so­nen mit Auf­ent­halts­recht und Per­so­nen ohne Auf­ent­halts­recht gemacht wer­den. Die­sen Vor­schlag erach­tet die SBAA jedoch als eine Ungleich­be­hand­lung, die in Wider­spruch zum Grund­recht der Rechts­gleich­heit (Art. 8 BV) steht. Der Auf­ent­halts­sta­tus darf daher kei­nes­falls aus­schlag­ge­bend dafür sein, ob ein Ver­fah­ren nur sum­ma­risch geprüft wird oder nicht.

 

Ableh­nung der Moti­on «Inte­gra­ti­on von spät zuge­wan­der­ten Jugend­li­chen und jun­gen Erwach­se­nen aus EU‑, Efta- und Dritt­stat­ten» (18.3707)

Der Stän­de­rat nahm die Moti­on der Kom­mis­si­on für Wis­sen­schaft, Bil­dung und Kul­tur an, der Natio­nal­rat lehn­te sie jedoch ab. Die Kom­mis­si­on hat­te gefor­dert, dass der Bund sich in Zusam­men­ar­beit mit den Kan­to­nen an der Erar­bei­tung von Lösun­gen und finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung zur Inte­gra­ti­on von Jugend­li­chen und jun­gen Erwach­se­nen aus EU‑, Efta- und Dritt­staa­ten, die nicht unter die Inte­gra­ti­ons­agen­da des Asyl­be­rei­ches fal­len, betei­ligt. Für die SBAA ist die Ableh­nung der Moti­on bedau­er­lich, da sie es als wich­tig erach­tet, Jugend­li­che und jun­ge Erwach­se­ne bei der Inte­gra­ti­on zu unter­stüt­zen, und zwar unab­hän­gig von der Art der Zuwan­de­rung. Die­se Lösung wäre auch im Sinn der Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on, die eine Gleich­be­hand­lung der Kin­der und Jugend­li­chen fordert.