Glei­che Rech­te für alle? Die vor­läu­fi­ge Auf­nah­me im Ver­gleich zum Schutz­sta­tus S

Der neue Fach­be­richt setzt sich mit der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me aus­ein­an­der und ver­gleicht die­se mit dem Schutz­sta­tus S. Die SBAA prüft dabei, ob zwi­schen den bei­den Per­so­nen­grup­pen eine Ungleich­be­hand­lung vor­liegt und stellt For­de­rung zur Ver­bes­se­rung der vor­läu­fi­gen Aufnahme.

Die Akti­vie­rung des Schutz­sta­tus S

Am 11. März 2022 hat der Bun­des­rat erst­mals den Schutz­sta­tus S akti­viert. Damit erhiel­ten Schutz­su­chen­de aus der Ukrai­ne, die ihre Hei­mat wegen des Krie­ges ver­las­sen muss­ten, rasch und unbürokratisch ein Auf­ent­halts­recht, ohne ein ordent­li­ches Asyl­ver­fah­ren durch­lau­fen zu müssen. Die SBAA begrüsst die­sen Ent­scheid des Bun­des­rats sehr.

Zugleich stellt sich immer mehr die Fra­ge, ob zwi­schen der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me und dem Schutz­sta­tus S eine Rechts­un­gleich­heit besteht. Die Fra­ge, drängt sich umso mehr auf, stellt man die Flucht­si­tua­ti­on der ukrai­ni­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen, die zur Akti­vie­rung des Schutz­sta­tus S geführt hat, jener der syri­schen sowie der afgha­ni­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen gegenüber. 2015 wur­de im Rah­men der Flucht­be­we­gung von syri­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen zwar eine Akti­vie­rung des Schutz­sta­tus S in Erwä­gung gezo­gen, aber nicht umgesetzt.

His­to­ri­sche Hintergründe

Um zu prü­fen, ob zwi­schen Per­son mit einer vor­läu­fi­gen Auf­nah­me und Per­so­nen mit Schutz­sta­tus S eine Ungleich­be­hand­lung gemäss Art. 8 Abs. 2 der Bun­des­ver­fas­sung (BV) besteht, zeigt die SBAA den his­to­ri­schen Hin­ter­grund und den ursprüng­li­chen Zweck der bei­den Sta­tus auf. Die vor­läu­fi­ge Auf­nah­me ent­stand aus der soge­nann­ten frei­en Inter­nie­rung – einem Frei­heits­ent­zug inner­halb der Schwei­ze­ri­schen Gren­zen, der vor allem im Kon­text des zwei­ten Welt­krie­ges zur Anwen­dung kam. Das Ziel des Schutz­sta­tus S hin­ge­gen war es von Anfang an, das Asyl­sys­tem zu ent­las­ten und die Auf­nah­me von gros­sen Per­so­nen­grup­pen zu ermöglichen.

Sozia­le und recht­li­che Unterschiede 

Die SBAA ver­gleicht die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen im All­tag von vor­läu­fig Auf­ge­nom­me­nen und Per­so­nen mit Schutz­sta­tus S anhand der doku­men­tier­ten Ein­zel­fäl­le aus unse­rer Fall­da­ten­bank. Dabei kommt die SBAA zum Schluss, dass die Grund­rech­te auf Fami­lie (Art. 14 BV), Bil­dung (Art. 19 BV), Hil­fe in Not­la­gen (Art. 12 BV), Bewe­gungs­frei­heit (Art. 10 Abs. 2 BV) und Rechts­si­cher­heit (Art. 9 BV) sowie die Ver­fah­rens­ga­ran­tien (Art. 29 BV) für vor­läu­fig Auf­ge­nom­me­ne schlech­ter oder gleich aus­ge­stal­tet sind, wie für Per­so­nen mit Schutz­sta­tus S.

Ver­gleich mit der EU und Deutschland 

Die SBAA ver­gleicht zudem die vor­läu­fi­ge Auf­nah­me (CH) aus­führ­lich mit den Sta­tus in Deutsch­land, die der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me ähn­lich sind: Der sub­si­diä­re Schutz­sta­tus (D), das natio­na­le Abschie­bungs­ver­bot (D) und die Dul­dung (D). Der Ver­gleich zeigt auf, dass die vor­läu­fi­ge Auf­nah­me in ihren Rech­ten für ihre Rechtsträger:innen schlech­ter aus­ge­stal­tet ist, als alle deut­schen, resp. EU Sta­tus – aus­ser der Dul­dung. Auch dies deu­tet dar­auf­hin, dass eine Anpas­sung der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me nötig wäre.

Besteht eine Ungleichbehandlung? 

Die SBAA kommt zum Schluss, dass eine Ungleich­be­hand­lung zwi­schen Per­so­nen mit einer vor­läu­fi­gen Auf­nah­me und Per­so­nen mit dem Schutz­sta­tus S besteht. Als Abschluss des Fach­be­rich­tes stellt sie daher ent­spre­chen­de For­de­run­gen zur Anpas­sung der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me auf, so dass die Ungleich­be­hand­lung gemäss Art. 8 Abs. 2 BV besei­tigt wer­den kann.

Den Fach­be­richt kön­nen Sie hier herunterladen.

Der Fach­be­richt kann zu einem Preis von Fr. 5.- plus Por­to auch als Bro­schü­re bestellt wer­den via: geschaeftsstelle@beobachtungsstelle.ch.