Im neuen beschleunigten Asylverfahren, das ab dem 1. März schweizweit umgesetzt und im Testzentrum in Zürich seit 2014 getestet wird, wird allen asylsuchenden Personen eine unentgeltliche Rechtsvertretung zugeteilt. Die Rechtsvertretung ist verpflichtet, bei einem negativen Asylentscheid die Aussichten einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht (BVGer) zu beurteilen und das Mandat bei Aussichtslosigkeit niederzulegen.
Im Testzentrum gibt es jedoch immer wieder Fälle, in denen die Rechtsvertretung Beschwerden als aussichtslos eingestuft hat, das BVGer jedoch in Zwischenverfügungen feststellt, dass sie nicht aussichtslos sind. Einer der Hauptgründe für die Niederlegung der Mandate sind die pauschalen Vergütungen in Kombination mit dem Zeitdruck, mit dem die RechtsvertreterInnen aufgrund der beschleunigten Verfahren konfrontiert sind: Die RechtsvertreterInnen werden pro Fall bezahlt, unabhängig davon, wie lange ein Verfahren dauert und ob Beschwerde gemacht wird oder nicht. Wie die SBAA in der SonntagsZeitung sagt, kann dieses System dazu führen, dass die Rechtsvertretung nicht kostendeckende Fälle als aussichtslos einstuft und folglich niederlegt.
Die SBAA betrachtet die Niederlegung der Mandate bei Aussichtslosigkeit einer Beschwerde jedoch auch aus weiteren Gründen als problematisch, die in der SonntagsZeitung leider keinen Platz fanden:
- Bei der Auslegung des Begriffs der Aussichtslosigkeit besteht ein grosser Spielraum. Dies zeigen Fälle, die von der Rechtsvertretung und dem BVGer unterschiedlich eingestuft wurden. Somit besteht die Gefahr, dass die Rechtsvertretung mit ihrer Einschätzung dem Gericht faktisch den Entscheid vorwegnimmt. Die SBAA erachtet dies als höchst problematisch, da die Rechtsvertretung in einen Interessenskonflikt gebracht wird und der Entscheid letztlich immer Sache der Behörde bzw. des Gerichts sein müsste.
- Falls die zugeteilte Rechtsvertretung ihr Mandat aufgrund von Aussichtslosigkeit niederlegt, steht es den Asylsuchenden frei, eine Zweitmeinung einzuholen. Dies ist allerdings aufgrund der kurzen Beschwerdefristen und insbesondere in den geographisch abgelegenen Bundesasylzentren, die ab März in Betrieb sein werden, massiv erschwert. Die SBAA ist deshalb sehr besorgt, ob die Interessen der Betroffenen noch umfassend vertreten und geschützt sind.
- Durch die Möglichkeit der Mandatsniederlegung wird der effektive Zugang zum Gericht nach Art. 29a BV beschränkt, wonach jede Person Anspruch auf eine richterliche Beurteilung hat. Es stellt sich die Frage, ob durch die kurzen Beschwerdefristen die Rechtsweggarantie als elementares Verfahrensgrundrecht noch gewahrt wird.
Die SBAA fordert, dass im Fall der Mandatsniederlegung der betroffenen asylsuchenden Person die Möglichkeit gegeben werden muss, eine Zweitmeinung einer Rechtsvertretung ausserhalb des Bundesasylzentrums einzuholen. Der unkomplizierte Zugang zu anderen RechtsvertreterInnen muss gewährleistet sein.
Hier finden Sie den Artikel der SonntagsZeitung als PDF
Hier finden Sie ein Gutachten der Demokratischen JuristInnen betreffend rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Neustrukturierung im Asylbereich und der Beschleunigung im Asylverfahren