Die Zustände an der türkisch-griechischen Grenze und in den griechischen Flüchtlingslagern sind unmenschlich und äusserst prekär. Im Flüchtlingslager von Moria (Lesbos) beispielsweise leben rund 19’000 Geflüchtete, obwohl es nur für 2800 Personen ausgelegt ist. Tausende von unbegleiteten Minderjährigen befinden sich auf den ägäischen Inseln in Griechenland.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter gab im Januar bekannt, dass die Schweiz plane, eine gewisse Zahl von minderjährigen Flüchtlingen aus Griechenland mit Familienbezug zur Schweiz zu übernehmen (Medienmitteilung des EJPD vom 24.01.2020). Inzwischen sind laut dem SEM die ersten Gesuche von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden aus Griechenland eingetroffen und positiv beantwortet worden. Es handelt sich um weniger als zehn Minderjährige, die bisher in die Schweiz einreisen konnten, da sie hier Verwandte haben (Radio SRF, Rendez-vous vom 09.03.2020).
Die SBAA begrüsst die Bestrebungen des Bundes. Sie gibt aber zu bedenken, dass er seine Verantwortung angesichts der prekären humanitären Situation in Griechenland verstärkt wahrnehmen muss (siehe u.a. Artikel in der WOZ vom 05.03.2020 zur Situation auf Lesbos ). Es reicht nicht aus, einige Minderjährige mit familiärem Bezug zur Schweiz aufzunehmen. Dazu ist die Schweiz aufgrund von Art. 6 und 8 der Dublin-Verordnung ohnehin verpflichtet. Die SBAA unterstützt deshalb die Petition «Schutz für Kinder und Jugendliche auf der Flucht». Die Petition fordert, dass 200 unbegleitete Kinder und Jugendliche zwecks Durchführung des Asylverfahrens in die Schweiz einreisen können – und zwar unabhängig von ihren familiären Verbindungen in die Schweiz.
Die SBAA betont, dass es aufgrund der neusten Entwicklungen aber mehr braucht. In der Schweiz sind die Asylgesuchzahlen so tief wie seit 2007 nicht mehr (Asylstatistik 2019, SEM) und Bundesasylzentren werden wegen zu geringer Auslastung stillgelegt. Laut der Antwort des Bundesrats vom 09.03.2020 auf eine Frage von Nationalrätin Claudia Friedl in der Fragestunde halten sich in den Bundesasylzentren aktuell rund 2200 Asylsuchende auf. Die Kapazität könne innerhalb von wenigen Wochen auf 4500 und bis im Sommer auf 5000 Unterbringungsplätze erhöht werden. Damit könnten bis zu 29’000 Asylgesuche pro Jahr bzw. 2400 pro Monat aufgefangen werden.
Angesichts dieser Tatsache fordert die SBAA die Schweiz dringend auf, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt und sich für die Einreise und den Schutz von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen einsetzt, und zwar unabhängig davon, ob sie einen familiären Bezug zur Schweiz haben oder nicht. Hierzu ist die Schweiz auch aufgrund von internationalen Abkommen wie der UNO-Kinderrechtskonvention verpflichtet.