Werden die Diplome von Geflüchteten aus der Ukraine anerkannt? Wie steht es um ihren Zugang zu Grund- und nachobligatorischer Bildung? Mit diesen Fragen setzte sich die für Wissenschaft, Bildung und Kultur zuständige Kommission des Nationalrates (WBK‑N) Ende April 2022 auseinander. Dabei konnte sich, neben der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, der Eidgenössischen Migrationskommission, dem Schweizerischen Roten Kreuz und swissuniversities, auch die SBAA im Rahmen einer Anhörung äussern. In der gleichen Sitzung wurde zudem die Petition «Bildung und Arbeit für geflüchtete Menschen ermöglichen!» vom Verein «Bildung für alle – jetzt!» behandelt.
Daraufhin verabschiedete die WBK‑N ein Postulat, mit dem der Bundesrat beauftragt wird, darzulegen, «in welcher Form und mit welcher Systematik gegenwärtig Daten zum Bildungspotential und Bildungsstand geflüchteter Personen in der Schweiz erfasst werden und wo Lücken bestehen.» Zudem soll aufgezeigt werden, «welche Kompetenzen seitens der Geflüchteten für welche Bildungsstufen vorhanden sind, und wie diese im Sinne einer erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt genutzt werden können.» Der Vorstoss wird voraussichtlich im September 2022 in der Herbstsession des Nationalrates diskutiert.
Gleichzeitig lancierte die Staatspolitische Kommission (SPK‑N) einen vielversprechenden Vorstoss, der kurz darauf im Nationalrat eine grosse Mehrheit fand: Jungen Menschen, die als Sans-Papiers oder abgewiesene Asylsuchende schon länger in der Schweiz leben, soll der Zugang zu einer Lehrstelle erleichtert werden. Bisher galten dafür sehr strenge Kriterien, z.B. musste ein:e potenzielle:r Lernende:r mindestens fünf Jahre in der Schweiz die Schule besucht haben. Diese Kriterien sollen nun gelockert werden. So sollen etwa die Dauer des Aufenthalts und des Schulbesuchs reduziert und die Möglichkeit anonymisierter Gesuche geprüft werden. Nur so könne sichergestellt werden, dass sich die jungen Menschen trauen, ein Gesuch zu stellen, das für den Abschluss eines Lehrverhältnisses notwendig ist. Wenn der Ständerat ebenfalls zustimmt, wäre dies ein grosser Erfolg für einen verbesserten Bildungszugang!
Wenige Tage bevor das Parlament über diese politischen Geschäfte entscheidet, organisiert die SBAA am 8. September 2022 eine Fachtagung genau zu diesen Themen. Gemeinsam mit Fachpersonen, Politiker:innen und Betroffenen soll den Fragen nachgegangen werden, wie das Potenzial und die Kompetenzen volkswirtschaftlich zielführend gefördert und eingesetzt werden können und ob die Schweiz die menschenrechtlichen Vorgaben zum Recht auf Bildung erfüllt. Es geht also vorwärts in Richtung eines Zugangs zu Bildung, unabhängig vom Aufenthaltsrecht.