Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK‑N) hat sich erneut für die Annahme der parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» von SP-Nationalrätin Samira Marti ausgesprochen. Der Druck zeigt Wirkung.
Im Ausländer- und Integrationsgesetz ist seit jeher ein Widerruf der Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung wegen Sozialhilfebezug vorgesehen (Art. 62 und 63 AIG). Seit dem Inkrafttreten des revidierten AIG hat sich diese Praxis allerdings verschärft. Vor der Revision konnten nur Personen ihre Bewilligung verlieren, die weniger als 15 Jahre in der Schweiz lebten. Dieser zeitliche Schutz wurde aufgehoben. Die Drohung mit der Wegweisung wegen Sozialhilfebezug drängt Menschen dazu, auf nötige Unterstützung zu verzichten(«Fokus» der SBAA: «Sozialhilfe als Instrument der Migrationskontrolle»). Die SBAA hat verschiedene Fälle dokumentiert, welche die Auswirkungen der Verschärfungen aufzeigen (beispielsweise Fallnr. 380 «Ardit» sowie Fallnr. 412 «Sophie»).
Mit der Initiative soll das Ausländer- und Integrationsgesetz so geändert werden, dass bei Ausländer:innen, die sich seit mehr als zehn Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, ein Widerruf der Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung wegen unverschuldetem Sozialhilfebezug nicht mehr möglich ist.
Die Allianz «Armut ist kein Verbrechen» hat die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) gemeinsam mit SP und UNIA ins Leben gerufen und wird von über 80 Organisationen unterstützt. Eine Petition, die das Parlament zur Annahme der parlamentarischen Initiative auffordert, wurde bereits von mehr als 16’000 Personen unterzeichnet.
Die Initiative wird bald im Nationalrat debattiert. Die SBAA hofft, dass die positive Wirkung erhalten bleibt und unverschuldete Sozialhilfebezüge nicht mehr bestraft werden.