Armut kann uns alle treffen. Sei es wegen einem Arbeitsplatzverlust, einem Unfall, einer Wirtschaftskrise, Krankheit, Scheidung oder einer anderen persönlichen Notlage. Gerade die Coronakrise hat das eindrücklich gezeigt. Unser Sozialsystem ist deshalb dazu da, uns allen in solchen Situationen ein menschenwürdiges Leben zu garantieren.
Doch dies gilt nicht für alle. Über 2 Millionen Menschen ohne Schweizer Pass wohnen und arbeiten in der Schweiz und zahlen hier Steuern, viele von ihnen sind hier geboren oder als Kinder in die Schweiz gekommen. Nach den letzten Verschärfungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) vom 1.1.2019 können Menschen mit einer Niederlassungsbewilligung (C‑Ausweis), die sogar seit mehr als 15 Jahre in der Schweiz leben, diesen Ausweis wieder verlieren. Das ist inakzeptabel!
Noémi Weber, Geschäftsleiterin der SBAA, sagt im SonntagsBlick von heute dazu: «Wir haben Kenntnis von einer Reihe von Fällen, in denen der unverschuldete Bezug von Sozialhilfe zu Rückstufungen oder sogar zum Verlust der Aufenthaltsbewilligung führte». Gemäss einer Statistik des Staatssekretariats für Migration (SEM) wurden 2019 und 2020 insgesamt 313 rechtskräftige Rückstufungen verfügt. Die Gründe dafür wurden aber nicht erfasst. Auch viele kantonale Migrationsämter erfassen die Gründe nicht, die Datenlage ist ungenügend.
Das Ausländer- und Integrationsgesetz muss deshalb angepasst werden: Nach 10-jährigem Aufenthalt in der Schweiz soll es nicht mehr möglich sein, eine Person ausschliesslich aufgrund von unverschuldetem Sozialhilfebezug wegzuweisen oder ihre Niederlassungsbewilligung zurückzustufen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die SBAA zusammen mit der SP und der Gewerkschaft Unia sowie zahlreichen Organisationen und Vertreter*innen aus der Zivilgesellschaft die Allianz «Armut ist kein Verbrechen» ins Leben gerufen. Die SBAA setzt sich so gemeinsam mit 65 Organisationen mit einem offenen Brief an den Nationalrat gegen diese Verschärfungen ein.
Zur Website: www.poverty-is-not-a-crime.ch