«Amit» kam nach einer fünfmonatigen Flucht aus Afghanistan im Oktober 2015 in der Schweiz an. Im November des gleichen Jahres reichte er ein Asylgesuch ein und wurde am gleichen Tag noch im Rahmen der Befragung zur Person (BzP) summarisch befragt. Im Juli 2016 hörte das Staatssekretariat für Migration (SEM) «Amit» vertieft zu seinen Asylgründen an. Danach hörte «Amit» vom SEM bis im Mai 2019 nichts mehr.
Im März 2019 wies «Amits» Anwältin in einem Schreiben das SEM darauf hin, dass «Amit» schon seit dreieinhalb Jahren in der Schweiz sei, seine Asylanhörung zwei Jahre und acht Monate zurück liege und er seither auf einen Entscheid des SEM warte. Diese Wartezeit sei unverhältnismässig lange und auch unter Berücksichtigung der hohen Arbeitslast des SEM nicht nachvollziehbar. «Amit» wolle sich integrieren und arbeiten. Dies sei ihm aber aufgrund seines Status verwehrt. Länger auf den Entscheid zu warten sei für «Amit» unzumutbar. Im April 2019 reichte die Anwältin beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) gegen das SEM eine Beschwerde wegen Rechtsverzögerung ein. Kurz darauf erhielt «Amit» im Mai 2019 den Asylentscheid. Sein Asylgesuch wurde abgelehnt und er erhielt eine vorläufige Aufnahme.
Laut «Amits» Anwältin war die Sachlage relativ klar. Aus diesem Grund und aufgrund der Situation in Afghanistan liess sich mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass «Amit» mindestens eine vorläufige Aufnahme erhält. Dass er trotzdem dreieinhalb Jahre auf seinen Asylentscheid warten musste, ist unverständlich.
Durch das Verbot der Rechtsverzögerung hat jede Person vor Gerichts- und Verfahrensinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung und auf eine Beurteilung innert angemessener Frist ( 29 Abs. 1 BV). Laut der Rechtsprechung des BVGer handelt es sich bei Untätigkeit des SEM während zwei Jahren um eine Rechtsverzögerung und somit eine Verletzung von Art. 29 BV (siehe Artikel „Überlange Asylverfahren“ von Fürsprecherin Laura Rossi). Eine Verfahrensdauer von 3.5 Jahren wie in «Amits» Fall ist damit unverhältnismässig und verletzt die Verfahrensgarantien nach Art. 29 Abs. 1 BV.
Die ausführliche Falldokumentation finden Sie hier.